Goldene Diamanten

  • eingestellt am 23 Dec 2014 durch Jana Schwanitz
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Im Süden von Kansai liegt die Region Wakayama. Die bergige Gegend ist eines der drei wichtigsten Anbaugebiete von Mandarinen in Japan. Wakayama profitiert von der Meeresströmung Kuroshio, die warmes Wasser von den Philippinen an Japans Ostküste bringt. Mildes Wetter, steiniger Boden und Hanglage sind perfekte Voraussetzungen, um Mandarinen anzubauen. Wer denkt da nicht sofort an Weingärten? Der Mandarinenzüchter jedenfalls spricht von den “drei Sonnen”, die für den Anbau benötigt werden: die Sonne am Himmel, die Sonne, die vom Wasser reflektiert wird und die Sonne, die die Steinmauern in den Mandarinenhainen erwärmt. Die Vielfalt an Zitrusfrüchten in Japan ist groß, von den 900 weltweiten Sorten gibt es in Japan um die einhundert. Satsuma, Tankan, Juzu und Shikuwasa sind allesamt sehr aromatisch und in der japanischen Küche nicht wegzudenken.

Mandarinen spielen auch in den Saigoku-Tempeln eine große Rolle. So sind sie eine typische Opfergabe für den Altar. Die Tempellegende des Kimii-dera in der Stadt Wakayama (Tempel Nr. 2 des Saigoku-Pilgerwegs) erzählt außerdem die Erfolgsgeschichte des Herrn Bunzaemon Kinokuniya, dem es mit einer riskanten Spekulation in einer stürmischen Winternacht gelang, die “goldenen Diamanten” in zig klimpernde Taler umzuwandeln. Der Geschäftsmann machte ein Vermögen und wurde zu einem der reichsten Kaufleute Japans.

Orangen im Tempel. Bildquelle: eigenes Foto.


Licht in dunklen Zeiten

  • eingestellt am 11 Dec 2014 durch Jana Schwanitz
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Zur Jahrtausendwende, um die 950er Jahre, wütete in Japan die Pest, Erdbeben suchten das Land heim. Man kam nicht mehr hinterher, die Toten zu bestatten. In Kyoto kamen sie schlicht auf die andere Seite des Kamo-Flusses, wo sie verwesten. Auch Kyoto hatte damals seinen Augustin. Der Mönch Kuya kaufte viele Leichname, um diese würdevoll zu bestatten. Singend, trommelnd und tanzend zog er über Dörfer und Märkte. Er sang “Namu Amida Butsu” - “Ich vertraue auf Buddha” -, tanzte mit Kindern im Kreis und richtete sich an das einfache Volk. Er sprach von einer Religion, die sich nicht nur auf die wohlhabende Elite beschränken sollte.

Die Traditon des Nembutsu-Singens hat sich bis heute erhalten und überstand Zeiten, in denen diese Art Tänze und Gesänge verboten waren. Man war gezwungen, auf geheime Formeln auszuweichen: "Moda nan maito" singen die Mönche des Rokkuharamitsu-Tempels in Kyoto noch heute. Vom 13. Dezember bis zum 31. Dezember kann man sich wieder das Nembutsu-Tanzen ab 16 Uhr im Tempel anschauen – oder gleich mitmachen. Die Statue vom Mönch Kuya, die im Schatzhaus des Tempels steht, ist übrigens ein ungewöhnliches Meisterwerk: sechs kleine Buddha tanzen dem 'Verrückten der Märkte', wie der Mönch Kuya auch betitelt wurde, aus dem Mund.

Der Mönch Kuya (903-972) brachte singend und tanzend Licht in eine dunkle Zeit. Bildquelle: Wiki commons, eigene Bearbeitung.


Kannon, Kanonen und Berlins Goldene Zwanziger

  • eingestellt am 04 Dec 2014 durch Jana Schwanitz
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In den 33 Tempeln des Saigoku-Pilgerwegs wird Kannon verehrt, eine buddhistische Göttin (genauer: ein Bodhisattva). Das wusste übrigens jeder Berliner in den goldenen zwanziger Jahren dank eines - heute vergessenen - Bestselllers und Bestsellerautors. Das Buch „Die Kwannon von Okadera“, geschrieben von Ludwig Wolff, machte damals außerordentlich Furore und wurde verfilmt. Eine Wiener Zeitschrift beging den Fauxpas, die „Kwannon von Okadera" mit den "Kanonen von Okadera" zu verwechseln. Sein Berliner Kollege empörte sich folgendermaßen:

"... ein Berliner weiss, was 'Die Kwannon' ist. Ganz bestimmt weiss er es. Denn entweder hat er die Fortsetzungen dieses Romans von Ludwig Wolff in der 'Berliner Illustrirten' gelesen - oder die zehntausend mystischen Plakate an allen Straßenecken, in allen Untergrundbahnstationen, bei jedem Kiosk bis hinein in die verborgensten Winkel des dunklen Berlin haben so lange auf ihn eingehauen - bis er eines Tages doch nach dem Lexikon [...] gegriffen hat ..."

In: Bernard Schüler, Der Ullstein-Verlag und der Stummfilm

Mehr zur „Kwannon vom Okadera“ im Kapitel zum Oka-dera in unserem Buch „Saigoku – Unterwegs in Japan's westlichen Landen“ und in unserem Feature in der November-Ausgabe der OAG-Notizen.

Die berühmte Ausdruckstänzerin Ruth St. Denis als Kannon. Quelle: Revue des Monats, Bd. 4, 1929/30, Heft Nr. 10. Fotografiert von Soichi Sunami


Ein Quäntchen Neugier zum Glück!

  • eingestellt am 01 Dec 2014 durch Jana Schwanitz
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Japans historisches Herz schlägt in den westlichen Landen, dort, wo die alten Kaiserhauptstädte Asuka, Nara, Kyoto und ein Dutzend weitere liegen. Als wir seiner Zeit in der Nähe von Kyoto wohnten, entdeckten wir den „Pilgerweg der westlichen Lande“ mit 33, zum Teil über tausend Jahre alten Tempeln. Wir schnürten die Wanderschuhe und zogen los. Auf unseren Reisen zwischen 2001 und 2011 sahen wir Alltägliches und hörten von Wundern. Wir besuchten die Gemüsegärten Kiotos und wichen scharfen Messern in Osaka aus. Wir ruderten zum Eiland der schönen Künste und betraten die Brücke in den Himmel. Wir schnupperten an einem duften Prinzen und lauschten dem Klang fallender Federn. Wir entdeckten das Glück auf der Straße und tranken grünen Tee. Doch um die Kopfschmerzen des Tenno zu heilen, kamen wir zu spät. Dafür sammelten wir Geschichte um Geschichte über Japans westliche Lande. Diese möchten wir nun in 808 Zeichen teilen, denn 808 ist eine Glückszahl.